Publikumsgespräch Ewe Benbenek
Au Pairs geht's genauso
"Du sagst immer das gleiche!" – Vom Ringen mit Sprache in einem fremden Land erzählt Ewe Benbenek auf dem Podium im Anschluss an das "Juices"-Gastspiel. Und findet Rückhalt im Publikum.
Von Georg Kasch
10. Mai 2024. So ein gutgelauntes Podium hat man bei Publikumsgesprächen zu zeitgenössischer Dramatik selten (Ausnahmen wie bei Roland Schimmelpfennig bestätigen die Regel). Jedenfalls schien Ewe Benbenek Spaß daran zu haben, über ihren Text "Juices" zu sprechen. Über die Arbeit, die sich während des Schreibens als übergeordnetes Thema nach vorne geschoben hat. Über die Sprache, die sich abarbeitet – und die für die Schauspielerinnen Arbeit mache (was ihr gar nicht so gefalle, wie Benbenek nachschob).
Oder, dass sie beim Lüster, der bei ihr Czandelier heißt und an dem die Figuren A, B und C zu Beginn hängen, auch an Sias Song "Chandelier" gedacht hat: "Das ist ein Bild, das macht was mit mir" – und stehe für sozialen Auf- und Abstieg. Oder, warum sie deutliche Narrative vermeidet: Weil Chronologie und Erzählen nicht vollständig möglich seien, allenfalls in Fragmenten. Deshalb auch die Repetitionen: "Manchmal versteht man ein Wort erst, wenn es wiederholt wird." Oder, dass sie die unterschiedlichen Verwendungsweisen des Deutschen interessierten. Zum Beispiel die Tun-Konstruktionen: "Die werden oft als niedere Sprache gelabelt. Dabei steckt Lebenswissen darin, die Aktivität zu betonen."
Ringen mit dem Wortschatz
Gute Laune hatten aber auch die drei Schauspielerinnen, die bei ihren Antworten so lebhaft, gestenreich, begeistert wirkten, dass man Lust hatte, das als eigene Kurz-Komödie zu begreifen. Maria Munkert schätzt es, dass sie sich am Anfang abarbeiten dürfen, Rahel Weiss stimmt zu: "Beim Spielen müssen Anfang und Ende stimmen. Wenn der Anfang nicht gelungen ist, kann das Spielen nicht beginnen." Antoinette Ullrich macht es Spaß, den Text über die weiblichen Rollenklischees zu sprechen. Die Suchbewegungen zu Beginn, über den Buchstaben A überhaupt zu einem Wort, dann zu einem Satz zu kommen, sei übrigens "kein besonders persönliches Ringen", sagt Benbenek. Sondern bilde nicht zuletzt eine Machtfrage ab: "Wer darf anfangen?"
Als die Moderatorin Cornelia Fiedler fragt, ob am Ende der Aufführung, als eine solidarische Geste angeregt wird, wirklich schon Menschen im Publikum aufgestanden seien, kommt die Antwort mit großem Hallo: Aber ja, antworten die drei Schauspielerinnen und fallen einander begeistert ins Wort, sogar aufgesprungen! Nur in der Frage, ob Zuschauer:innen auch gejuchzt hätten, gibt's keine Einigkeit.
Resonanz im Publikum entsteht auch während des Nachgesprächs: Eine Frau etwa berichtet, dass sie einst als Au pair in Deutschland ein Kind betreute, das bemerkte: "Du sagst immer das gleiche." Klar, ihr Wortschatz sei anfangs noch eingeschränkt gewesen. Daran hätten sie die Wortwiederholungen im Stück erinnert.
Auf die Bemerkung, dass es in dessen Mitte, als ein Kind davon berichtet, wie die Mutter es mit zur Arbeit als Reinigungskraft mitgenommen habe, doch so eine Art Erzählung gibt, berichtet Benbenek, dass sie versucht habe, sich von der Biografie zu lösen, auch der eigenen, weil man gerade an sie nicht herankomme und dass sie sogar versucht war, alle konkreten Hinweise zu tilgen. Nun ist sie doch zufrieden, dass etwas geblieben sei: "Gut, dass man was fühlen kann!"